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21.-22.2.2003 Universität der Künste | Berlin, D

der raum des empire.
urbanismus, kontrolle, ausnahmezustand.
new genre public artist

 

Der Workshop versucht, Zusammenhänge zwischen Ausnahmezustand, Krieg und der Veränderung des Innen/Außen-Verhältnisses in kapitalistischen Gesellschaften zu analysieren. Die Diskussion hat einen dreifachen Hintergrund:

1. In dem Buch "Empire" versuchen Antonio Negri und Michael Hardt marxistische, poststrukturalistische und feministische Debatten zu der Frage, was ist Kapitalismus, zu verbinden. Ihre These lautet: seit 1989 leben wir in einem imperialen kapitalistischen Innenraum, der kein Außen mehr kennt. Dieser Raum ist von mehreren Tendenzen geprägt: von einem Übergang der Disziplin zur Kontrolle, von einer zunehmenden reellen Subsumtion der Gesellschaften unter das Kapital, von der Immaterialisierung der Arbeit, von einer Internationalisierung hegemonialer Politik durch die G-8-Staaten, transnationale Konzerne und Organisationen wie WTO, IWF oder Weltbank. Was heißt das? Stimmt das? Kann man dieses Szenario derart räumlich und zeitlich universalisieren? Und außerdem: was ist von der These zu halten, dass eine neue politische Bewegung - heterogen, internationalistisch, militant, queer und selbstorganisiert - den Raum des Empire betreten und sich in Chiapas, Seattle oder Genua habe blicken lassen?

2. Nach 9/11 hat sich das Kriegs-Kontroll-Regime der hegemonialen Staaten dynamisch modernisiert und eine ganz allmählich zunehmende Ununterscheidbarkeit zwischen Polizeiregime/ Kriegsregime, legaler Ordnung/ Ausnahmezustand, Territorialisierung/ Deterritorialisierung von Staatlichkeit generiert. Welche Logik hat der so genannte Anti-Terror-Krieg? Sind die neuen Kontrollpolitiken rassistisch überdeterminiert? Was sind Ex-Territorien? Was heisst Präventivkrieg? Wer baut Stand-by-Truppen auf?

3. Wie wurde Urbanismus und 'öffentlicher Raum' in der aktivistischen Kunstszene seit den 1960ern diskutiert? Wie tauchen ästhetische Praktiken in städtischen Räumen auf? Welche Bedeutungen schaffen sie an der Nahtstelle zwischen Befriedung und kurzen Momenten der Aneignung?

Ein Überschneidungspunkt dieser unterschiedlichen Debatten liegt in der Frage, wie ein kapitalisierter biopolitischer Raum permanent dadurch heterogenisiert wird, dass die Schwelle zwischen innen und außen neu gezogen wird. Ausgehend davon, dass moderne Vergesellschaftung sich nicht als homogener Prozess durch Zeiten und Räume hindurch konstituiert, sondern immer wieder über Brüche und Widersprüche, stellen sich neue Fragen an die Fragilität des uns täglich umgebenden Balanceaktes der Macht, die hegemonialen Bedingungen aufrechtzuerhalten.


freitag 21-03

[12.00] katja diefenbach
Einführung: Die Engel des Empire. Der Idealismus der Multitude und warum Biomacht und reelle Subsumtion der Gesellschaften unter das Kapital nicht das gleiche sind.

[12.30] boris buden
Zum Phänomen der transgressiven Gewalt. Transgressive Gewalt als Hebamme des Ausnahmezustandes. Die Emanzipation auf dem Weg von der Autorität des kämpfenden Volkes (Fanon) zum ewigen Kreislauf des Tabubruchs (Bhabha).

[13.30] sabine horlitz & kim foerster(anarchitektur)
US Naval Base Guantanamo Bay. Neue Raumlogiken und parallele Rechtssysteme. Guantanamo ist das Paradigma eines exterritorialen Gebietes. Ein gepachteter US-Marinestützpunkt auf kubanischem Staatsgebiet, von Kuba rückwirkend als illegal erklärt, doch von den USA weiterhin kontrolliert. Ein Ort also, an dem Recht ungeklärt bleibt, aber von der US-Regierung immer wieder neu ausgelegt wird. Im "war on terrorism" ermöglicht Guantanamo, den rechtlichen Status der dort Gefangenen als "unlawful enemy combatants" willkürlich zu bestimmen. Die vermeintlich rechtsfreie Militärbasis wird von den Vereinigten Staaten als Testgebiet für den Aufbau eines parallelen Rechtssystems auch im eigenen Land genutzt, für eine Neudefinition des Verhältnisses von Recht und Raum nicht nur auf nationaler Ebene.

[15.30] mabouna II merlin moise
Notre image de l'Allemagne
Kamerun: Unser Blick auf Deutschland
Vortrag in französisch mit Übersetzung

[16.30] ivana momcilovic
Farewell to political parties. Euro-Camp and Universal Embassy-Project.
Vortrag in Englisch.

[17.30] teodora tabacki
Why would one want to be (called) a 'singularity', or: La dialectique peut-elle casser les briques? Singularität, das Politische und die globalisierungskritische Bewegung. Vortrag in Englisch
hito steyerl Moderation


samstag, 22-03

[12.00] sabeth buchmann & andre rottmann
Einführung: das unendlich Kleine. Diskurse über Kunst im öffentlichen Raum

[12.30] helmut draxler
Widersprüche im Subjekt. Zur Genealogie anti-idealistischer Praxis. Als Kritik an den Konzepten der Multitude und der radikalen Immanenz diskutiert der Beitrag politische und ästhetische Aspekte der Widersprüche im Subjekt, die sich aus Privilegien, Ambivalenz und Involviertheit hinsichtlich multipler Herrschaftsverhältnisse ergeben. Anstatt diese Widersprüche euphorisch auf eine Entfaltung "spontaner Kräfte" hin zu überschreiten, wird es darum gehen, ihre innere Dialektik zu beachten, um daraus Ansatzpunkte anti-idealistischer Praktiken zu gewinnen.

[13.30] marc siegel & daniel hendrickson
Living in a Marvelous World, oder: Die Lokalität der Sexualität.

[14.30] caroline ehmke
Der Krieg gegen den Terror und der Niedergang des Politischen. Eine Analyse des Anti-Terror-Krieges und seiner Rhetorik. These: Das Politische entspricht mehr und mehr der schmittianischen Logik, dass souverän sei, wer über den Ausnahmezustand entscheide, und dass sich das Politische in der Unterscheidung von Freund und Feind artikuliere.

[16.30] klaus viehmann
Innen und Außen als Frage von Wandstärke und Kaliber: Guerilla und Stadt. Vor dem Erfahrungshintergrund der uruguayanischen MLN/Tupamaros sollen die konkreten - politisch-militärischen - Probleme einer Stadtguerilla umrissen und ihre Erfahrungen in Hinsicht auf aktuelle politische Strategien bewertet werden.

[17.30] sophia schmitz
Zu Integrations- und Innovationsmodellen zeitgenössischer Architektur am Beispiel Rem Koolhaas. Gab es je den "öffentlichen Raum", oder ist der Raum, der als solcher bezeichnet wird, seit jeher Teil der bürgerlichen Gesellschaftskonstruktion und erfährt dieser Begriff durch die Re-Definition von Urbanität nach 1989 nur eine weitere Verschiebung?

hito steyerl Moderation


sonntag, 23-03

[18.00-22.00] raum 205
Videos zu Biopolitik und Ausnahmezustand
mit Arbeiten von Samir, Deepa Dhanraj, Daney/Guattari/Lazzarato/Melitopulos (Canal dechaine).

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